Liebe Freunde,

Beim Lesen meiner Weihnachtspost vergangener Jahre möchte ich heute einmal daran erinnern, dass wir in diesem Jahr den 80. Jahrestag der Kämpfe um Stalingrad gedenken. Ich selbst war damals 14 Jahre alt und kann mich noch sehr gut an die Kommentare und Wochenschauen der damaligen Zeit erinnern.

„Vor genau achtzig Jahren entstand dieses Weihnachtsbild, das für mich zu den ergreifendsten und zugleich hoffnungsvollsten zählt: die Stalingrad-Madonna.
Weihnachten 1942 tobt die Schlacht von Stalingrad, eine der schlimmsten und verlustreichsten Schlachten der Weltgeschichte. In einem Kessel sind dort 250.000 deutsche Soldaten rettungslos eingesperrt – hungrig, verwundet und frierend bei Temperaturen bis 30 Grad unter Null. Nur 6.000 von ihnen sehen die Heimat wieder. – Unter den in einem Bunker Gefangenen ist auch Kurt Reuber, ein evangelischer Pfarrer, Arzt und Vater von drei Kindern. Als Zeichen seines Glaubens, und um seinen Mitgefangenen zum Heiligen Abend einen Funken Hoffnung zu schenken, malt er mit Holzkohle auf die Rückseite einer russischen Landkarte die Mutter Gottes, die schützend ihren Mantel um ihr Kind schlägt. Zwei hilflose Gestalten, wehrlos und arm. Aber wie viel Ruhe geht von diesem Bild aus. Der Bunker wurde in der Weihnachtszeit für die Gefangenen zum Heiligtum und das Bild zum Gnadenbild.

Wir feiern Weihnachten 2022 – Gott sei Dank. Nicht im Kessel von Stalingrad-, – von Afghanistan oder der Ukraine. Auf dem Bild stehen die Worte: „Licht, Leben, Liebe“.
Diese drei Geschenke bringt uns in der Heiligen Nacht das „Christkind“, und ich wünsche sie zum Fest uns allen, besonders auch unserer Kirche.

Unsere Kirche verliert mehr und mehr an Glaubwürdigkeit. Sie muss lernen, ihre Botschaft ohne die Autorität früherer Zeiten zu verkünden. Sie hat ihre Macht verloren über die Wissenschaft, über die Gesellschaft und über die Moral. Mit Galilei die Macht über die Wissenschaften, in den bürgerlichen Revolutionen die Macht über die Gesellschaft, und durch die Missbrauchsskandale die Macht über die Moral. Das trifft und verwundet unsere Kirche, denn sie hat sich lange von ihrer autoritären lnstitutionalität her verstanden, mit der sie stolz den Stürmen der Zeit getrotzt hat. Nun müssen wir als Kirche lernen, an Weihnachten mit leeren Händen und bedürftig zur Krippe zu treten und uns beschenken zu lassen.

Licht, Leben und Liebe finden wir Weihnachten in einem Viehstall. Seit der Geburt von Jesus ist dieser Stall so berühmt, dass wir ihn heute noch nachbauen und in unsere Wohnzimmer stellen. Nicht das Brandenburger Tor in Berlin, nicht die Türme der Deutschen Bank in Frankfurt, nicht einmal den Petersdom in Rom stellen wir Jahr für Jahr auf und schmücken sie mit Kerzen und Blumen, sondern den Viehstall der Geburt von Jesus Christus von vor 2000 Jahren. Den Vorrang haben an der Krippe die Armen. Die ersten Besucher im Stall von Bethlehem sind Hirten und von der Gesellschaft ausgestoßene und ungeliebte Menschen. Erst danach und mit Verspätung kommen die reichen Könige.“*

Zu den Armen und „unter die Räuber Gefallenen“ zählen viele Menschen, die nicht mithalten können mit der Gesellschaft und deshalb ungeliebt sind und verbittert und aggressiv werden. „Die moderne Psychologie sagt uns heute endeutig, dass derjenige, der in seiner Kindheit und Jugend keine Liebe und Geborgenheit erfahren hat, oft für sein ganzes Leben seelisch krank und liebesunfähig bleibt. Jeder Mensch braucht gesunde Bindungen und möchte irgendwo hinzu- und dazugehören.„* Es sollte unser aller Bemühen sein, möglichst viele Menschen an Weihnachten und besonders in der Weihnachtszeit zu einer Krippe zu führen, wo der neugeborene Jesus Sie sicher mit offenen Armen empfängt und beschenkt.

Krippendarstellung von Magdalena Beckmann,
1995 Werklehrerin an der Twistringer Grundschule am Markt

Frohe und friedliche Weihnachten und
ein GUTES NEUES JAHR euch allen

Hubert Beckmann – Stelle am Moor